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Klaus Honnef

Buch: „Stephan Reusse 2003 –1983“, Köln 2003

 

Sichtbar zu machen, was sich dem Zugriff des Sichtbaren verweigert, hat die Kunst schon immer beflügelt, gleichgültig, ob sie sich in gesellschaftlichen Diensten befand oder an selbstgewählten Horizonten erprobte. Sogar als sie eine Phase durchlief, die als „Naturalismus“ oder „Realismus“ apostrophiert wurde, vermochten sich nur vereinzelte Künstler mit der Absicht ihres Zeitgenossen, des berühmten Historikers Hippolyte Taine, zu identifizieren, der forderte, die erfahrbare Realität so zu schildern, wie sie ist, auch wenn es die Erzähler nicht gäbe. Die Gesetze hinter dem sinnfälligen Augenschein aufzuspüren und anschaulich zu machen oder, genauer noch, die Gesetze der optischen Wahrnehmung zu untersuchen und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, bestimmte ihren Ehrgeiz: Nicht, sich mit der planen Abbildung des Sichtbaren zu begnügen. In früheren Epochen der westlichen Kultur verherrlichten sie die Idealgestalt des menschlichen Körpers im physischen wie metaphysischen Sinne. Im Mittelalter vergegenwärtigten sie die himmlische Erlösung der Tugendhaften und die Qualen der Hölle für die Verderbten in leuchtenden Farben und plastischsten Formen. Dabei gelang die Darstellung der Hölle häufig überzeugender; vermutlich, weil die Empirie der eigenen Zeit der Vorstellungskraft wirkungsvoll sekundierte. Nur wenn es sich um die Anbahnung einer Beziehung mit dem Ziel einer späteren Ehe drehte, gesellte der kontaktwillige Herrscher seinem Gesandtenkorps an den fremden Hof einen Maler bei mit dem ausdrücklichen Auftrag, die Auserkorene ja naturgetreu wiederzugeben und keineswegs in der damals üblichen repräsentativen Art. Er wollte sich nämlich ein fundiertes persönliches Urteil bilden. Kunstwert hat solchen Abbildern niemand zugebilligt, und die wenigsten haben sich überhaupt erhalten. Gleichwohl entzündete sich an der Frage des Unterschieds von Bild und Abbild der innige Streit, der sich bis weit in die Postmoderne erstreckte, ob die Fotografie, die während des Aufbruchs der Moderne das Spektrum der überkommenen Bilderwelten um eine technische Variante bereicherte, Kunstwert besitze oder nicht.

Festzustellen, Stephan Reusse überwinde in seinen meist großformatigen Bildern die Grenzen des Sichtbaren und stieße in Bezirke vor, die bislang dem Augensinn weitgehend verschlossen gewesen seien, trifft zwar die Sache, ist zugleich aber von jener Qualität, wie einem Athleten eine ausgeprägte Muskelapparatur zu attestieren. Nicht minder selbstverständlich mutet der Hinwies an, der Künstler bediene sich bei seinem Unterfangen der neuesten Technik, die verfügbar sei, im konkreten Fall, der avanciertesten Variante der Thermografie, eines Mediums, das über verschiedene Relais´ Wärmeimpulse lebender Körper auffängt und ins Register des Visuellen überführt. Praktisch war in der Geschichte der Kunst stets die Technik zur Verfügung, wenn sie gebraucht wurde, Künstler haben sie sich sozusagen an die Hand gearbeitet und für ihre Intentionen zurecht gemodelt. Viele der modernen Techniken verdanken sich dem Krieg, verdanken sich technischen Entwicklungsschüben, die Kriege gewöhnlich auslösen, und manche fanden im Krieg erst ihre wichtigste Bestimmung wie die Fotografie. Video und das Internet waren zunächst ausschließlich Techniken des militärischen Apparates. Die Thermografie leitet Mediziner vor und bei schwierigen Operationen und gleichermaßen fliegende Bomben präzis ins Ziel. Früher gab es Zeiten, die den Siegern von Schlachten Kriegskunst zubilligten.

Von bellizistischen Gelüsten sind Reusses Bilder indes weitestgehend frei. Gleichwohl spielen die Möglichkeiten, die sich ihm gerade in den immanenten Zielen der jeweiligen verwendeten Techniken eröffnen, eine beherrschende Rolle in seiner Kunst – um nicht gleich zu sagen, dass sie der eigentliche Gegenstand seiner umfangreichen Experimente mit den technischen und elektronischen Medien sind und die jeweiligen Bildmotive häufig Vorwände, diese offen zu legen. Sein Umgang mit den Bildmedien ist weder vorbehaltlos noch naiv. Sowohl die besondere Art und Weise, wie er sie sich zu eigen macht, als auch die Wahl der dargestellten Modelle lenkt den Blick auf den springenden Punkt der spezifischen Beschaffenheit des verwendeten Mediums. Denn sie beeinflussen entscheidend, was in den Bildern gezeigt wird, haben Auswirkungen auf deren Gehalt und werfen ebenfalls ein Licht auf das künstlerische Interesse, das sich ihrer bedient. Vielleicht haben auch die Anregungen, die er während seiner Studiums in Kassel (1981 – 1986) erhielt, als das „Fotoforum Kassel“ um Floris Neusüss und Renate Heyne mit ständig wechselnden in- und ausländischen Künstlern, Fotografen und Wissenschaftlern ein kritisches Augenmerk auf die Bilder der modernen Massenkommunikation und ihre Konsequenzen in der Gesellschaft richtete, seinem künstlerischen Denken auf die Sprünge geholfen.

Zur signifikanten Erscheinungsweise der Fotografie gehört, dass der Verlust ihr unaufhebbares Thema ist, dass sie etwas unweigerlich Vergangenes im Gewande einer scheinbaren Anwesenheit fixiert, dass sie Abwesendes als definitiv anwesend-abwesend anschaulich vergegenwärtigt. Zeugnis, Dokument ist ein fotografisches Bild nur insofern, als es dieses paradoxe Verhältnis beglaubigt. Stephan Reusse spitzt dieses „Noema“ (Roland Barthes) der Fotografie zu, indem er mit fotografischen Mitteln Gegebenheiten wiedergibt, die mit fotografischen Mitteln allein gar nicht darstellbar sind. Die fotografische Aufnahme eines leeren Bettes vergegenwärtigt nichts als ein leeres Bett und lediglich die zerknüllten Laken liefern Indizien, dass sich einige Zeit zuvor jemand darin aufgehalten hat, ohne die zeitliche Spanne näher eingrenzen zu können, sofern die Szenerie nicht ohnehin eigens für eine fotografische Aufnahme inszeniert wurde. In den Thermografien des Künstlers werden hingegen die Umrisse des Körpers sichtbar, der sich einmal in dem Bett befunden hatte, und je rascher die Aufnahme erfolgt, nachdem der das Bett verlassen hat, desto prägnanter seine Spuren. Auf dem Bild bleibt eine Art Schatten zurück, obwohl der „reale“ Schatten sich längst verflüchtigt hat. Real? Der wolkenförmige Schatten im thermografischen Bild ist um nichts weniger real (oder irreal) als der Schatten der fotografischen Aufnahme – oder der Schatten, den ein Körper im strahlenden Licht wirft.

Die unterschiedlichen Schatten sind Ergebnisse unterschiedlicher physikalischer Prozesse, konkret: unterschiedlicher Wellenlängen von Licht und Wärme. Reusse verwendet für seine Thermografien einen Apparat, der imstande ist, nicht sichtbare Wärmestrahlen in sichtbare Formen zu übertragen und sie im Farbspektrum von Weiß bis Blau zu veranschaulichen. Wärme manifestiert sich im Abbild als Rot und Kälte als Blau, gemäß den Gefühlswerten, welche schon die Malerei den Farben assoziiert hat. Die Extreme liegen, nicht überraschend, bei Weiß und Schwarz. „Infrarotemissionen warmer Körper, deren Temperaturen weniger als 300 Grad Celsius betragen, müssen zuerst über einen elektronischen Bildwandler in sichtbares Licht transformiert werden, ehe sie auf fotografischen Materialien festgehalten werden können.“1 Dazu bedarf es eines entsprechenden Sensors. Die Umwandlung von Phänomenen, die den menschlichen Sinnen ohne zwischengeschaltete Vermittler nicht zugänglich sind, ist eine der bezeichnendsten Errungenschaften der Moderne. Dabei kristallisiert sich zunehmend die Tendenz heraus, den optischen Sinn auf Kosten der übrigen Sinne zu privilegieren. Auch um Stimmen genau zu differenzieren, transformiert man ihre Schwingungen in grafische Verläufe. Die Thermografie übersetzt Gefühlswerte in optische Signale – im Prinzip zumindest, weil das, was sie veranschaulicht, letztlich das Vermögen des Tastsinns übersteigt. „Wir sehen, was wir nicht gefühlt haben.“2

In einem thermografischen Videofilm über nächtliche Fußballspiele, die von ihren Akteuren bewusst im Dunkeln und nicht wie im kommerziellen Sport unter grellem Flutlicht veranstaltet werden, tauchen die zwei Schatten der Spieler als bewegte Bildelemente auf. Der eine, der thermografische, verharrt noch, wenn der andere, der fotografische, sich bereits von seinem Standort gelöst hat. Beim Stillstand holt der Wärmeschatten ihn wieder ein. Ist das Moment des Abwesend-Anwesenden in fotografischen Bildern ein konzeptionelles Problem und bloß vorstellbar, da sich das Abwesende bei jeder Betrachtung als anwesend von Neuem aktualisiert, allerdings in Gestalt einer Bildfigur, realisiert es sich in thermografischen Bildern sichtbar als Differenz. Beide Male freilich im anhaltenden Status des „Es-ist-gewesen“ (Barthes). Man sieht der Zeit bei der Arbeit zu. „Der Thermograf ist ein besonderer Differenzschreiber. Aber erst durch die Transformation im fotografischen Bild wird aus den sichtbar gemachten Daten, die der Sensor registriert, erneut eine Sensation.“3 Das Wärmebild erweitert die Reichweite der Fotografie auf ein Terrain, das ihr zuvor verborgen war. „Dem Auge wird über einen medialen Übersetzungsprozess zugänglich gemacht, was normalerweise der Haut, dem Spüren, dem Tasten privilegiert vorbehalten ist wahrzunehmen.“4 Um den Preis allerdings, dass die Körper und Dinge, die sich via optisch optimierter Wärmedaten in Reusses thermografischen Bildern entfalten, jene Detailgenauigkeit vermissen lassen, die einem genuin fotografischen Bild selbstverständlich sind. Statt einer schier erdrückenden Fülle von Einzelheiten erblickt man vibrierende Umrisse, geisterhafte Erscheinungen, ohne festen Ort auf der Bildfläche und auch nur einen Anflug plastischer Substanz. Folgerichtig nennt der Künstler seine Arbeiten auch „Thermovisionen“. Er beschwört mit der Benennung eine magische Dimension, entfacht Vorstellungen von Bildzauber, die zwar keine Rechtfertigung im technischen Vorgang der Bildgenese finden, jedoch in der Imagination der Betrachter auf umso größere Resonanz rechnen können, zumal sie Zonen unbewusster Erinnerungen berühren.

Seine formidable Werkgruppe „Wölfe“ schürzt diesen Zusammenhang in ganz besonderem Maße. Gleichzeitig beleuchtet sie die versteckten medialen Verwicklungen seiner Kunst mit verstörender Konsequenz. Im kollektiven Gedächtnis der Kulturen, wo Wölfe heimisch sind, ruft ihre Auftreten Angst hervor. Bedrohliche Raubtiere, die nachts in die Gehege der domestizierten Tiere einbrechen und sie reißen. Eine der wenigen Ausnahmen bildet der Gründungsmythos des römischen Reiches. Die legendären Ahnen der Stadt Rom, Romulus und Remus, wurden als Waisen von einer Wölfin vor dem Tode gerettet und gesäugt. In der christlichen Mythologie gelten Wölfe als Verkörperung des Bösen schlechthin. Zum Beispiel Matthäus 7,15: „Hütet Euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind.“ Der Wolf ist das Sinnbild des Teufels. „Im Zyklus der Tugenden und Laster gehört der Wolf zur Raubgier und zur Unbotmäßigkeit“.5 Keine guten Karten für eine gedeihliche Existenz. Die wölfische Population auszurotten, war die pragmatische Schlussfolgerung, und die Dämonisierung befeuerte sie zusätzlich, indem sie die Realität mythisch überhöhte. Andererseits setzte sie auch eher ambivalente Züge frei. Adolf Hitler ließ sich von Kindern gerne als „Onkel Wolf“ ansprechen, und seine militärischen Hauptquartiere trugen in der Regel Namen, die eine Verbindung mit dem Mythos des Wolfes suchten, wie Wolfsschanze. Mittlerweile sind die Wölfe selber zu einer bedrohten Spezies geworden, und wenn sie sich plötzlich zeigen, wo sie niemand mehr vermutet, werden sie statt erschlagen freudig begrüßt. Die meisten Menschen in der Welt der fortgeschrittenen Zivilisation kennen sie ausschließlich aus Zoos und Freigehegen.

Warum Stephan Reusse ausgerechnet Wölfe als Modelle für eine seiner Werkgruppe auserkoren hat, erklärt er vage damit, dass sie ihm als das „schlechte Gewissen der Menschen“ erscheinen. Seine Kenntnisse über sie hat er eindringlicher aus Reden über Wölfe denn aus eigener Anschauung gewonnen. Deshalb womöglich klingt in zahlreichen Bildern der „Wölfe“-Serie, die manchmal zu Zweier- und Dreierkombinationen zusammengefasst werden, eine Fülle von versprengten Rapporten an, die größtenteils ins Imaginäre oder Unbewusste abgedriftet sind. In stockfinsterer Nacht spürt der Künstler die scheuen Tiere auf, und es ist das Suchbild der Kamera, das ihm Auskunft erteilt, sobald ein Wolf sich nähert. Mit bloßem Auge vermag er ihn nicht zu erkennen. Das erfordert ein maximales Stillhalten seinerseits, sonst würde das Raubtier ihn wittern und prompt die Flucht ergreifen. Reusses Reviere sind die Freigehege. Zoologische Gärten kämen nicht in Frage, da sich die Wölfe im Zoo kaum bewegten, und „Porträts“ wolle er von ihnen nicht anfertigen. Zwar treibt ihn sicherlich Neugierde an, die Wölfe mit der Wärmekamera zu jagen, auch das Verlangen, ein so ungemein vorsichtiges Tier wie einen Wolf, der in seiner Wildbahn bei Tageslicht und offenem Visier kaum gestellt werden kann, im Bild festzuhalten. Aber es ist vordringlicher die Neugierde an sich als ihr Objekt, das den Bildern eine ausgesprochen doppelbödige Intensität verschafft.

Die thermografische Technik bringt in den großformatigen Aufnahmen eine Eigenschaft der Fotografie zum Ausdruck, die in allen Varianten der Inszenierten Fotografie von untergeordneter Bedeutung nichts desto weniger Bestandteil ihrer medialen Struktur ist: das versteckte Sehen, ein Sehen, ohne gesehen zu werden. Im dunklen Raum der „Camera obscura“, dem Vorläufer-Apparat, nach dessen Prinzip die Kamera nach wie vor funktioniert, war der Voyeur vor Entdeckung geschützt, und die langen Rohre ihrer Teleobjektive verschaffen den „Paparazzi“ (Federico Fellini) die notwendige Distanz, um ihr „Wild“, die sogenannte Prominenz des Boulevards, unerkannt und sozusagen aus dem Hinterhalt zu erlegen. Die Thermografie umgibt den Jäger von neuem mit dem Schutz der Dunkelheit und hellt simultan die Dunkelheit für ihn im Suchbild der Infrarot-Kamera auf, so dass für die anvisierten Objekte die Nacht ihre Schutzfunktion verliert und er ihre Beute ohne Schwierigkeiten einzufangen vermag. Die Metaphern der Jagd begleiten die Fotografie, seit die „schnellen Kameras“ auf den Markt gelangten und „Schnappschüsse“ in das Kontinuum der Zeit erlaubten, mal positiv, mal negativ konnotiert. Die Bilder von Stephan Reusse lassen ihre Betrachter an diesem scheinbar mysteriösen Geschehen teilnehmen, sie werden zu stillschweigenden Komplizen der Jagd, wie die Leser der einschlägigen Bildpostillen die stillschweigenden Komplizen der Paparazzi, über die sie in bigotter Selbstgerechtigkeit den Stab brechen, wenn sie ihr Opfer auf einmal tatsächlich erledigen. Reusse psychologisiert gewissermaßen die Kamera und ihre Bilder. Susan Sontags hintersinnigen Vorwurf, ein Fotograf, der die Erschießung eines Menschen fotografierte, hätte sie verhindern können, wenn er statt mit seiner Kamera zu schießen in den Vorgang der Hinrichtung eingegriffen hätte, gibt die Thermografie in ihrer konkreten (und nicht-künstlerischen) Anwendung im Krieg frische Nahrung. In der Reihe mit den faszinierenden Bildern der Wölfe ist eines enthalten, das wie ein Schlüsselbild wirkt. Außer einem hellen Fleck fällt nichts auf. Offenbar handelt es sich um eine abstrakte Fotografie. Der Fleck allerdings signalisiert, dass an der Stelle, die er markiert, auf längere Dauer ein Wolf verweilt hat, bevor er weiterzog. Sein sichtbarer Schatten ist verschwunden, aber der Schatten, den seine Körperwärme verströmt hat, bezeugt seine vormalige Anwesenheit, gibt der Jagd auf das Tier erst den unmittelbaren Anlass.

Es ist eine fiktive Jagd; eine Jagd darüber hinaus in einem künstlichen Gelände, das Menschen für Tiere der einst „freien Wildbahn“ als Ersatz geschaffen haben, um ursprüngliche Lebensbedingungen zu simulieren, ohne die Kontrolle über sie aufzugeben. Schauplatz und Technik der Bilder korrespondieren, und die Tiere begegnen den Betrachtern in den „Thermovisionen“ als Schemen. Die digitale Bearbeitung der Bilder erhöht noch den artifiziellen Effekt. Wenn Wärme die natürliche Atmosphäre erfüllt, vom Frühjahr bis zum Herbst, werden die Kontraste geringer, im Hochsommer verschwinden sie fast ganz, und die schemenhaften Reflexe der Wölfe verschmelzen mit ihrer Umgebung. Die Tiere werden abermals nahezu unsichtbar. Bisweilen leuchten nur ihre Augen stechend auf. Gleiches passiert bei Tageslicht. Kälte und Dunkelheit sind die passenden Begleiter der Thermografie. Nicht von ungefähr sorgen Kälte und Dunkelheit ebenfalls für den geeigneten Hintergrund von Spukgeschichten und heizen die Phantasie auf. Früher hat sich der Künstler mit „Geisterfotografie“ beschäftigt, einer Gattung, die sämtliche Grenzen fotografisch-ästhetischer Reflexion sprengt, aber in der „Alchemie“ der fotografischen Bildwerdung begründet ist. Das Ungeheuer von Loch Ness erklärt sich rational aus einem Fehler in der fotografischen Emulsion oder als Luftspiegelung, es ist aber auf dem fotografischen Bild als Erscheinung sichtbar vorhanden. Reusse hat mit den Komponenten des Entwicklungsprozesses fotografischer Bilder ausgiebig experimentiert, etwa dem latenten Bild, das die fotografische Platte oder der Film nach der Aufnahme birgt, ohne es vor dem Eintauchen ins Entwicklerbad preiszugeben. Er hat es nach dem üblichen Verfahren entwickelt, dann verschwinden lassen und schließlich von Neuem reaktiviert. Er hat in einer weiteren Werkgruppe die Entwicklerflüssigkeit durch Harn ersetzt und Bilder mittels seiner und der Körperflüssigkeit von Künstlerkollegen zur Erscheinung gebracht, zusammen mit dem Bildhauer Harry Kramer die „Pissflowers“, die an stockfleckige Pflanzendarstellungen aus der Frühzeit der Fotografie erinnern. Er hat mit der Infrarotkamera leere Räume fotografiert, Räume, in denen er sich vor der Aufnahme aufgehalten oder aus denen er Stühle oder geheimnisvolle Boxen entfernt hat, eine, zwei, drei Minuten später, und merkwürdige Formballungen entdeckt oder Formgerüste wie auf den Gemälden von Mark Rothko und er hat einen so diffusen Stoff wie den Atem in ein fixiertes Abbild gebannt.

Mit der Hilfe von diversen Maschinen – Wärmekamera, Computer, Fotolabor – realisiert Stephan Reusse spektakuläre Bilder, die dem Sichtbaren ein zunächst verschlossenes Territorium erobert haben, das Sehen und Empfinden auf der anschaulichen Ebene vereinigt und die Kontinuität eines monokausalen Zeitablaufs mit der Diskontinuität komplexer Bewegungsvorgänge ineinander blendet. Man könnte auch behaupten, dass es dem Künstler gelungen ist, jenes geheimnisvolle Fluidum anschaulich zu vergegenwärtigen, das Walter Benjamin als fern und nah in einem beschrieben hat: Aura. Ein drittes Bild von Körpern und Dingen, nachdem das faktische ebenso vergangen ist wie das des direkten Schatten. So karg das formale Inventar der Bilder auch anmutet, ihre visuelle Struktur ist von einer verblüffenden Vielfältigkeit. Die Dimension des Anschaulichen ist mehrstufig. In den Bildern von Stephan Reusse schwingen stets bewusst Bilder mit, die sich der sichtbaren Evidenz entziehen. In den fotografischen Werken, die Produkt einer Zusammenarbeit mit Künstlerkollegen sind, verschränken sich seine Vorstellungen mit ihren Vorstellungen, und ihre Vorstellungen spiegeln sich in Form ironisch akzentuierter Projektionen: die Konzept-Malerin Rune Mields im Fußballtor, Rosemarie Trockel und Marcel Odenbach, die in ihren künstlerischen Arbeiten die Wirklichkeit der medialen Bilder ausleuchten, auf der grünen Wiese beim Picknick, der Maler Rob Scholte, dem nach einem fürchterlichen Unfall die Beine amputiert werden mussten, am Abfertigungsschalter einer Fluggesellschaft mit Koffer und davor aufgebauten Schuhen, Jürgen Klauke als übermütiger Poltergeist… Ist bereits jedes fotografische Bild das Ergebnis einer Inszenierung, weil sich aufgrund des Rahmens, der ein Bild umschließt, die Situation einer Auserwältheit ergibt, sind die „Künstlerporträts“ Resultate einer mehrfachen Inszenierung: der Fotografie, des Initiators und der beteiligten Akteure. Umgekehrt verstehen sich die monumentalen Bilder wie das, welches eine beträchtliche Anzahl von Menschen auf einem Felsen versammeln, als „reproduzierte Bilder, die ich gesehen habe“6 (Reusse) und mithin als Dokumente der Inszenierung von Erinnerungsbildern.

„Die spezifische Qualität der fotografischen Arbeit von Stephan Reusse erwächst aus dialogischen Öffnungsprozessen.“7 In seinen Bildern erfährt man, dass das fotografische Material die Realität nicht, wie es heißt, abbildet, sondern gestaltet und eine fabelhafte Projektionsfläche für die Kraft der Imagination abwirft. Immerhin funktionierten „Camera obscura“ und „Laterna magica“ auch nach demselben mechanischem Prinzip. Das vermeintliche „Wahrheitsregime“ (John Tagg) der Fotografie entpuppt sich in diesen „phantastischen“ Bildern als ein Schirm vagabundierender Imaginationen.

 

Literaturhinweise:

1) Hugo Schöttle. DuMont´s Lexikon der Fotografie, Köln 1978, S. 285.
2) Wolfgang Hahn. Vom Urknall zur Aura, in: Kat. Stephan Reusse, München 1996, S. 25.
3) Siegfried Zielinski. Wolfsbilder, in: Kat. Stephan Reusse. Leaving Shadows, Wien 2002, o. S.
4) Zielinski. a.a.O.
5) Lexikon Christliche Kunst, Freiburg im Breisgau 1980, S. 338
6) Stephan Reusse im Gespräch mit dem Autor
7) Marietta Franke. Dialogische Öffnungsprozesse. Zu Fotoarbeiten von Stephan Reusse, in: Kat. Stephan Reusse, s. Anm. 2, S. 4.

 

Klaus Honnef

Stephan Reusse 2003-1983

In rendering visible what refuses to be caught by visibility, Art has always been able to get off the ground, no matter whether it was serving the purposes of society or experimenting with horizons of its own choosing. Even when Art ran through a phase labelled as „naturalism“ or „realism“, only a few artists would identify with Hippolyte Taine’s, the famous historian’s, postulate that in describing empirical reality, the narrator ought to deny his own existence. To analyse and to apply the laws of visual perception for their own ends was their ambition. They were not content to simulate the visible on a plain surface. In earlier epochs of Western culture they exalted the ideal appearance of the human body in both a physical and a metaphysical sense. In the Middle ages they represented the heavenly salvation of the virtuous and the torments of hell inflicted on the damned in luminous colours and in the most graphic manner. At that, the description of hell produced in many cases the more convincing results; probably because the empirical experience of the times acted as a stimulant on the artist’s imagination. Only when rulers sent ambassadors to sound possibilities of marriage did they enjoin it on the painter accompanying them that he was to represent the prospective bride as close to nature as possible and under no circumstances after the usual manner of court portraits. In such cases, the ruler wished to arrive at his own well-founded judgment. Such simulacra were not considered in terms of artistic value, and only few have survived. Nonetheless, the question of the difference between image and simulacrum laid the ground for the polemic, carefully sustained far into the post-modern era, which concerns the question whether or not artistic value should be conceded to photography – although modernism had started when photography had added a technological variant to and extended the spectrum of traditional worlds of imagery.
The remark that Stephan Reusse, in his more often than not large-scaled images, is crossing the borders of the visible, entering regions that have so far been closed to the visual sense, gets close to the point; but it means more or less the same as saying that an athlete possesses a particularly well-developed set of muscles. It is no less banal to note that the artist uses the most recent technology available to achieve his purpose, in this case the most advanced kind of thermography, a medium which captures the thermal impulses of living bodies through several relays, transposing them into the repertory of the Visual. As a matter of fact, practically all through the history of art the right technology was always at the artists‘ disposal when it was needed; they adapted it to their handiwork, so to speak, shaping it according to their intentions. Many modern technologies are the fruit of war and belong to the kind of technological breakthroughs that it usually engenders, and many found their most important destiny only in wartime, like photography. Video and the internet were technologies that belonged at first and exclusively to the military machinery. Thermography directs surgeons before and during difficult operations, but it directs flying bombs to their precise targets as well. And in earlier times, victors in battle were described as masters in the Art of War.
Reusse’s images are almost entirely free of such bellicistic desires. But the possibilities that are made accessible by the immanent aims alone, of the technologies he employs, are playing a dominating role in his art – or rather, they are the real object of his extensive experiments with technological and electronic media, while the themes of his images often serve as a pretext to make these aims appear. His manner of treating visual media is neither without premises nor naive. Both his special way of appropriating them and the choice of the models represented lead the eye towards the salient point, towards the specificity of the medium employed, that is. All this has a decisive influence on what is shown in his images and is of consequence for their content and substance, illuminating the artistic purpose as well for which it is used. It may have been a considerable stimulus to Reusse’s artistic thinking that he studied at Kassel (1981 to 1986) at the time when the „Fotoforum Kassel“, the circle around Floris Neusüss and Renate Heyne, provided a critical appreciation of the images of modern mass communication and their consequences for society, involving a continually changing number of national and foreign artists, photographers and scientists.
A significant part of the manner in which photography makes its appearance is the fact that loss is its unrelinquishable theme, that it inescapably fixes something that is past in the guise of an apparent presence, that presently-absent things are given a definite and tangible reality. The photographic image is testimony, document only in that it gives credibility to this paradoxical relationship. Stephan Reusse carries this „Noema“ (Roland Barthes) of photography to an extreme by allowing the photographic medium to represent circumstances which cannot be represented by the means of photography alone. The photographic image of an empty bed represents nothing but an empty bed, and only the crumpled sheets provide an indication of the fact that someone has stayed there some time before, while there is no means of delimiting the time-span more closely – provided that the scene has not been arranged for the benefit of photography in any case. In the artist’s thermographies, however, the shape of the body becomes visible which has been lying in the bed, and the more quickly the image is made after it has got up from the bed, the more pregnant are its traces. In the image a sort of shadow remains although the „real“ shadow has long been gone. Real? The cloudy shadow in the thermographic image is no less real (or unreal) as the shadow in a photographic image – or the shadow thrown by a body in strong light.
These different shadows are the result of different physical processes, in this case: of the different wavelenghts of light and warmth. Reusse uses an apparature for his thermographies that is capable of transposing invisible thermal rays into visible forms and to describe them in a colour scheme reaching from white to blue. Warmth is represented by red and cold as blue, according to the sensual values that painting had already associated with these colours. The extremes, this comes as no surprise, are white and black. „Infra-red emissions of warm bodies the temperature of which amounts to less than 300 degrees Celsius must first be transformed into visible light by means of an electronic image processor before they can be registered on photographic materials“.1 This necessitates a corresponding sensor. The transformation of phenomena, which are inaccessible to the human senses without mediating mechanisms, is one of the most significant achievements of modernism. At that, a tendency increasingly takes shape that privileges the sense of vision over the other senses. To arrive at a precise differentiation of voices, their resonances are transformed into graphic sequences as well. Termography translates sensations into optical signals – at least in principle since what it describes goes beyond the capacity of the sense of touch. „We see what we did not feel by touching it“.2
In a thermographic video about nocturnal football games, the participants of which want to play in the dark and not under strong floodlights as in commercial sports, the double shadows of the players appear as moving elements in the image. The thermographic one stays behind while the other, the photographic one, has already left its position. At moments of rest, the thermal shadow caches up with it. While the moment of the absently-present in photographic images is a conceptual problem, and while it is imaginable only because the absent, each time it is looked at, is actualized once more, although it takes the form of the figure in the image, the absently-present in thermographic images is realized as difference. In both cases, however, it arrives in the arrested state of „it-has-been“ (Barthes). Time is watched at work. “ The thermograph registers difference in a special way. Only through the transformation into a photographic image, however, the visualized data registered by the sensor become a sensation once more.“ 3 The thermal image extends the reach of photography to a territory which was hidden before. „A mediatic process of translation is made accessible to the eye which as a rule is reserved as a privilege to perception through skin, sensation and touch“.4 On the other hand, however, the bodies and objects evolving in Reusse’s thermographic images via the optical optimization of thermal data, are lacking a precision of detail that is a matter of course wih genuinely photographic images. Instead of an almost overwhelming mass of details, vibrating silhouettes are seen, spectral appearances without any fixed place on the image’s surface, without even the slightest trace of plastic substance. The artist himself convincingly alludes to his works as „thermovisions“. Through this term he conjures up a magical dimension, kindling concepts of magical imagery which find an even greater resonance in he imagination of the viewer, no matter how little they are justified by the technological process generating the image, in that they touch areas of subconscious memory.
In „Wolves“, a particularly impressive series of his works, Reusse tightens the knot between conscious and subconscious vision even more closely than elsewhere. At the same time, he sheds light on the hidden mediatic involvement of his art, with a thoroughness that is disturbing. In the collective memory of cultures living with the presence of wolves, their appearance excites fear. Menacing beasts of prey that at night will break into the pens of domestic animals to shed their blood. One of a few exceptions to this rule is the founding myth of the Roman empire. The legendary ancestors of the city, Romulus and Remus, were described as orphans saved from death by a she-wolf by which they were nourished. In Christian mythology, wolves are the primary embodiment of evil. Take Matthew 7,15, for instance: „Beware of false prophets that come to you clothed as sheep but are like rapacious wolves inside.“ The wolf is a symbol of the devil. „In the cycle of virtues and vices, the wolf is associated with rapacity and insubordination.“5 Not a good hand for a profitable game of existence. To eradicate the wolfen population was the pragmatic consequence, motivated more strongly by a demonization which turned reality into myth. On the other hand there is a certain ambivalence. Adolf Hitler liked to be called „Uncle Wolf“ by children, and his military headquarters bore names that linked them to the wolf-myth, „Wolfsschanze“ for instance. In the meantime, wolves have themselves become a menaced species, and turning up in places where they were no longer believed to live, they are welcomed rather than killed at sight. Most people living in modern countries know wolves only from zoological gardens or game preserves.
Why at all take wolves as protagonists of a series of his works? Stephan Reusse vaguely explains this by saying that to him, they seem to be the „bad conscience of Man“. His knowledge about them gets its urgency from talking about wolves rather than from actually looking at them. This could be the reason why many images of the „wolves“-series, which are sometimes linked in combinations of two or three, are echoing with references that have drifted into the spheres of the imaginary or the subconscious. At the dead of night, the artist tracks the elusive animal, and it is the view-finder of his camera that tells him when a wolf is getting close. He is unable to see it with his naked eye alone. This requires absolute quiet on his part since the beast would otherwise take notice of him and flee immediately. Reusse’s places of observation are game preserves. Zoological gardens were of no use since the wolves there did hardly ever move, and he had no intention to do „portraits“ of them. Curiosity, of course, impels him to hunt wolves by means of a thermocamera, as well as a desire to capture an image of such an extraordinarily wary creature which in its own habitat, at daylight and without precaution could hardly ever be tracked. But in his work, curiosity in itself is more urgent than the object providing these images with a particularly double-edged intensity.
In these large-scale images, thermography expresses a characteristic of photography which is of secondary importance in all cases of stage photography, but is nonetheless part of its mediatic structure: the secret vison, to see without being seen. Inside the dark space of the „Camera obscura“, the precursor of the photographic camera which functions after its principle even now, the voyeur was protected against discovery, while the elongated tubes of their telephoto lenses provided the „paparazzi“ (Federico Fellini) with the necessary distance for hunting their „prey“, the so-called VIPs of the glamour world, without being recognized and in a way like snipers. Thermography once again covers the hunter with a veil of darkness, while in the viewfinder of his infrared-camera, it simultaneously brings light to this darkness so that the night no longer protects the targeted objects, and he is enabled to catch his prey without difficulty.
The metaphors of hunting, at times with a positive, at others with a negative connotation, accompany photography from the time that „fast cameras“ were put on the market and „snapshots“ permitted to break into the continuity of time. Stephan Reusse’s images allow the viewer to participate in this seemingly mysterious action, they become silent accomplices of the hunt, like the readers of the yellow press who are the silent accomplices of the paparazzi which they condemn in their bigotted self-righteousness at the moment that they actually finish off their victim. In a way, Reusse psychologizes the camera and its images. Susan Sontag’s reproach, made with a tongue in her cheek, that the photographer taking the picture of a man being shot could have prevent the execution if he had intervened, provides fresh nourishment for thermography in its practical (and non-artistic) application in war. Reusse’s fascinating series of wolf images contains one which might be regarded as a key-image. Apart from a light spot, nothing is seen. Obviously, this is an abstract photograph. But the spot signals a prolongated presence of a wolf that stayed there before it moved on. Its visible shadow is gone, but the shadow cast by its bodily warmth testifies to its former presence and gives the hunt for the animal its immediate occasion.
This is a fictitious hunt; a hunt furthermore that takes place on artificial ground, on a terrain that has been created by man as a replacement for the „wilderness“, where the original living conditions of animals are simulated without renouncing to control being exercized over them. Stage and technology of these images correspond, and in these „thermovisions“, the animals encounter the viewer as spectres. Digital elaboration enhances the artificial effect of the images. When warmth fills the natural ambiance, from spring into the autumn, there is less contrast, at the high time of summer they disappear almost completely, and the spectral reflexes of wolves melt into their surroundings. The animals become almost invisible again. Sometimes only their eyes pierce through the shadow. The same happens at daylight. Cold and darkness are the appropriate companions of the thermograph. It is not at all unnatural that cold and darkness are the appropriate background for ghost stories as well, paradoxically heating up the imagination. Earlier on, the artist has been busy with „ghost photography“, a genre which explodes all borders of photographic-esthetic reflection although it is well-founded in the „alchemy“ of photographic image development. The monster of Loch Ness can be rationally explained as an error in the photographic emulsion, but it is visibly present as an apparition in the photographic image. Reusse has extensively experimented with the components of the developing process, for instance with the latent image which the photographic plate or film contains after exposure, and which it does not reveal bfore it is dipped in the developing bath. He developed the latent image after the usual procedure, making it disappear afterwards, to finally reactivate it again. In another series of works, he replaced the developer by urine, making appear images by means of his own and other artist colleagues‘ body fluid, and together with the sculptor Harry Kramer he created „Pissflowers“, images resembling musty botanic illustrations from the early stages of the history of photography. By means of the infra-red camera he has taken photographs of empty rooms, rooms in which he had passed a time before the image was taken or from which he had taken chairs or mysterious boxes, one, two, three minutes later, where he discovers strange coagulations of form or form structures as in the paintings of Mark Rothko, and he has frozen into a fixed simulacrum such an intangible matter as breath.
By means of various machines – thermocamera, computer, photographic laboratory – Stephan Reusse realizes spectacular images; they have won a territory for the visual which earlier on remained closed, where vision and feeling are united on a plane of vivid perception and the continuity of the monocausal flow of time is blended with the discontinuity of complex movements. It could also be claimed that the artist has succeeded in representing that mysterious fluid which Walter Benjamin has described as being both far away and close at hand: Aura. A third image of bodies and things after the factual presence has passed away just as is shadow. However reduced the formal repertory of these images may appear, their visual structure is of an astonishing variety. The dimension of plasticity shows several degrees. In the works of Stephan Reusse, images are consciously alluded to images that escape visual evidence. In those photographic works that result from the collaboration with other artists, his ideas are crossed over with theirs in the guise of ironically accentuated projections: the conceptual painter Rune Mields inside the goalposts of a football field; Rosemarie Trockel and Marcel Odenbach, in whose artwork the reality of media images are explored, having a picnic on the green; the painter Rob Schulte, who after an atrocious accident was forced to have his legs amputated, at the check-in counter of an airline with suitcase and shoes set in front of it; Jürgen Klauke as a mischievious poltergeist … While every photographic image is already the result of stage directions in that its frame produces a chosen situation, this effect is multiplied in the „artist portraits“ where photography itself, the initiator and the protagonists are all involved. Such monumental images, on the other hand, like the one in which a considerable crowd is assembled on a rock, are „reproduced images that I have seen“6 (Reusse) and must therefore be understood as document of the staging of souvenir images.
„The specific quality of the photographic work of Stephan Reusse originates from dialogic processes of aperture“.7 His images tell us that the photographic material does not represent reality, contrary to what is usually assumed, but forms it, creating a phantastic plane of projection for the power of the imagination. After all, „camera obscura“ and „laterna magica“ function after the same mechanic principle. The presumptive „government of truth“ (John Tagg) of photography is revealed in his „phantastic“ images as the screen for a vagabond kind of imagination.

 

Literature:

  • Hugo Schöttle. DuMont’s Lexikon der Fotografie, Cologne 1978, p. 285.
  • Wolfgang Hahn. Vom Urknall zur Aura, in: Cat. Stephan Reusse, Munich 1996, p. 25.
  • Siegfried Zielinski. Wolfsbilder, in: Cat. Stephan Reusse. Leaving Shadows, Vienna 2002.
  • Op. Cit.
  • Lexikon Christliche Kunst, Freiburg im Breisgau 1980, p. 338.
  • Stephan Reusse, during a conversation with the author.
  • Marietta Franke. Dialogische Öffnungsprozesse. Zu Fotoarbeiten von Stephan Reusse, in: Cat. Stephan Reusse, Munich 1996, p. 4.
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